Pressemitteilung 25/2025
Stuttgart. Anlässlich des heutigen EU-Strategiedialogs Automobilwirtschaft in Brüssel bekräftigt die IG Metall Baden-Württemberg ihre Position: Baden-Württemberg bleibt nur dann die führende Automobilregion, wenn wir bei Elektromobilität und softwarebasierten Fahrzeugen global eine Führungsrolle einnehmen - in Entwicklung und Produktion gleichermaßen. Es ist entscheidend, den Hochlauf der E-Mobilität gezielt zu fördern und diesen Transformationsprozess durch eine kluge Industriepolitik sozial abzusichern.
"Die IG Metall Baden-Württemberg steht fest und ohne Wenn und Aber zur CO2-neutralen Mobilität", erklärt Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg. "Unsere Betriebe und Beschäftigten in Baden-Württemberg haben bewiesen, dass E-Mobilität 'made in Baden-Württemberg' höchsten Ansprüchen genügt." Sie fährt fort: "Nach anfänglichem Zögern hat die Industrie diesen Weg eingeschlagen. Hervorragende Lösungen laufen bereits vom Band und weitere innovative Entwicklungen stehen bevor. Die ambitionierten EU-Klimaziele haben hierbei unbestreitbar wichtige Impulse gesetzt, gleichzeitig wurde der schnelle Hochlauf der CO2-neutralen Mobilität durch regulatorische Vorgaben und fehlende Rahmenbedingungen unnötig ausgebremst. Nun ist die Politik gefordert, die ambitionierten Ziele einer für Baden-Württemberg wichtigen Schlüsselbranche durch einen breiten Mix an klugen Instrumenten zu unterstützen."
Baden-Württemberg als Herz der Transformation - Impulsgeber für Europa
Als Kernland der Automobilindustrie ist Baden-Württemberg in besonderem Maße von der Transformation betroffen. Dies bietet jedoch auch die einzigartige Chance, globaler Taktgeber für zukunftsweisende Mobilität zu werden. "Es war die IG Metall Baden-Württemberg, die den entscheidenden Impuls für den Strategiedialog Automobilwirtschaft in unserem Land gab, um diese komplexen Herausforderungen unter Beteiligung aller Stakeholder zu bearbeiten", so Barbara Resch. Sie ergänzt mit Blick auf das heutige Treffen in Brüssel: "Wir freuen uns, dass dieses erfolgreiche Dialogformat auf EU-Ebene aufgegriffen wurde und heute im Mittelpunkt des Austausches steht. Mit hoffentlich guten Ergebnissen für die Beschäftigten in der Automobilindustrie“.
Realistische Übergangspfade und europäische Wertschöpfung sichern
Vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklungen seit Verabschiedung des 2035-Pfades sieht die IG Metall nun gute Gründe eine faktenbasierte Bewertung vorzunehmen. "Es geht jetzt nicht darum, die Zielvorgaben grundsätzlich in Frage zu stellen oder eine endlose Debatte anzuzetteln, die von den echten Herausforderungen ablenkt, eigene Versäumnisse verschleiert oder gar Scheinlösungen propagiert - indem beispielsweise die Erfolge der Vergangenheit schlicht in die Zukunft projiziert werden", betont Barbara Resch. "Notwendig sind realistische Übergangspfade, die selbstverständlich auch andere Technologien einschließen können, wenn es so besser gelingt, Arbeitsplätze in dieser kritischen Phase zu sichern. Das ist unsere Messlatte. Die gestern veröffentlichte gemeinsame Erklärung von IG Metall und VDA unterstreicht genau diesen Anspruch."
Dabei drängt die IG Metall auf eine konsequente Industriepolitik:
- Breite Batterieproduktion und andere Schlüsseltechnologien in Deutschland und Europa: Es fehlt an einer breiten, heimischen Batterieproduktion und der Absicherung weiterer Schlüsseltechnologien. "Die Politik muss die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, um Investitionen in die Produktion zukunftsträchtiger Komponenten hier bei uns attraktiv zu machen", fordert Barbara Resch. "Doch auch die Hersteller sind in der Pflicht: Sie fordern viel, lassen aber die Frage nach dem Ort der Wertschöpfung oft offen. Wir erwarten von ihnen mehr Mut und Entschlossenheit substanziell (ggf. im Verbund) in eine europäische Produktion von Batterien, Leistungselektronik und anderen wichtigen Bauteilen einzusteigen." Hilfen aus EU-Mitteln können dabei übergangsweise eine Rolle spielen.
- Stärkung der Zulieferindustrie durch Local Content-Vorgaben: Die reine Endmontage von Fahrzeugen in Europa reicht nicht aus, um Wertschöpfung und Beschäftigung zu sichern. "Wir brauchen Local-Content-Vorgaben, die nicht nur die Sicherung der europäischen Wertschöpfung für Endprodukte, sondern auch für Schlüsseltechnologien und Komponenten gewährleisten", so Barbara Resch. "Wenn ein Fahrzeug zwar in Deutschland gebaut wird, die entscheidenden Komponenten aber direkt aus China bezogen werden, gehen unsere heimischen Zulieferer leer aus." Kaufanreize in einer Übergangsphase müssen zudem an Produkte mit hohem europäischen Wertschöpfungsanteil gekoppelt werden.
- Standortattraktivität durch Digitalisierung, wettbewerbsfähige Energiepreise und flexible Beihilfen sichern: Um die weltbesten Produktionsregime zu etablieren, müssen wir massiv in Digitalisierung, moderne Produktionssysteme und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz investieren - dies immer im Rahmen der Mitbestimmung unter Einbeziehung der Betriebsräte. Gleichzeitig sind wettbewerbsfähige Energiepreise für die Attraktivität des Industriestandorts Baden-Württemberg und Europas unerlässlich. Zudem muss die EU-Beihilfepolitik so ausgestaltet werden, dass auch bislang wohlhabendere Regionen wie Baden-Württemberg gezielt und unbürokratisch Unternehmen bei der Transformation unterstützen können.
- Technologieoptionen im Übergang zur Klimaneutralität: "Wenn Technologien wie E-Fuels oder Wasserstoff in bestimmten Anwendungsbereichen oder als Brückentechnologien einen sinnvollen Beitrag zur Klimaneutralität leisten und Arbeitsplätze erhalten können, müssen diese Optionen im Übergang berücksichtigt werden", so Barbara Resch. Insbesondere Wasserstoff ist eine unverzichtbare Querschnittstechnologie, die wir bei uns industrialisieren müssen. Sie verweist aber gleichzeitig darauf, dass E-Fuels bislang nur in vernachlässigbaren Mengen und zu hohen Kosten zur Verfügung stehen, aufgrund betriebswirtschaftlicher und technischer Hürden keine nennenswerten Investitionen in Produktionskapazitäten geplant sind, der Wirkungsgrad gegenüber rein strombasierter Fahrzeuge extrem schlecht ist und ein Masseneinsatz im PKW-Segment kaum realistisch sei. Sie fährt fort: "Bei aller Liebe zur Offenheit, Technologien schönzureden, um diese dann mit falschen Annahmen zu fördern oder als Weg in die Zukunft zu preisen, ist kein Erfolgsmodell."