Stuttgart. Wie kann die Sozialpartnerschaft Unternehmen erfolgreich in der Transformation unterstützen und durch die Veränderungsprozesse begleiten? Unter diese Leitfrage haben die Sozialpartner der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E), IG Metall und Südwestmetall, ihren „Zukunftstag M+E“ gestellt. „Geleitet von unserem gemeinsamen Interesse, Industriearbeit und Beschäftigung in Baden-Württemberg zu erhalten, haben wir als Tarifpartner in den vergangenen Monaten erste konkrete Lösungen und Instrumente erarbeitet, die wir unseren Mitgliedern an die Hand geben können“, erklärten Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg, und Peter Sebastian Krause, stellvertretender Vorsitzender von Südwestmetall, am Montag auf der Veranstaltung in Stuttgart: „Damit zeigen wir, dass es auch bei unterschiedlichen Interessen, die wir vertreten, möglich ist, Differenzen zu überwinden und praxisnahe Angebote zu entwickeln, die die Betriebe und ihre Belegschaften besser durch die Transformation leiten. Denn uns eint ein großes gemeinsames Ziel: Baden-Württemberg soll ein leistungsfähiger Industriestandort mit attraktiven Arbeitsplätzen und guten Rahmenbedingungen bleiben.“ Am Zukunftstag illustrierten dies vier betriebliche Beispiele mit der Maschinenfabrik Alfing Kessler aus Aalen, John Deere aus Mannheim, Iveco aus Ulm und Wafios aus Reutlingen.
Mit dem Tarifabschluss von 2024 hatten sich Gewerkschaft und Arbeitgeberverband in Baden-Württemberg auf eine Gesprächsverpflichtung zu diesen Themen verständigt. In intensiven und konstruktiven Beratungen wurden in den vergangenen Monaten verschiedene tarifliche Instrumente dazu entwickelt. Dazu zählt der bereits im Frühjahr auf den Weg gebrachte Tarifvertrag zum regionalen Personaleinsatz (TV RPE). Dieser ermöglicht den M+E-Firmen eine niederschwellige Arbeitnehmerüberlassung zum Ausgleich unterschiedlicher Kapazitätsauslastungen in den Betrieben. „Dabei bildet der Tarifvertag auch eine mögliche Brücke für Job-to-Job-Transfers“, sagte Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Barta: „Bereits über 20 beigetretene Unternehmen und wöchentlich neu hinzukommende Beitritte zeigen die Praxisrelevanz des Modells. Wir setzen darauf, dass dieses arbeitsmarktpolitische Instrument weiter Schule macht.“ Resch ergänzt: „Von Tarif in Tarif. Davon profitieren alle. Ab-, und aufnehmende Betriebe genauso wie die Beschäftigten selbst.“
Darüber hinaus betont Resch: „Gerade in der Transformation gewinnt das Thema Qualifizierung und Weiterbildung – einschließlich der Nutzung staatlicher Fördermöglichkeiten – immer mehr an Bedeutung. Auch hier wollen wir unsere tarifliche Gestaltungsmacht nutzen, um die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen.“ Um dies zu unterstützen, stellen die M+E-Tarifparteien den Betrieben einen Muster-Tarifvertrag zur Verfügung. Dieser kann abgeschlossen werden, wenn Qualifizierungsgeld als staatliche Unterstützungsleistung im Betrieb genutzt werden soll.
Auch der Zukunftstag selbst geht auf die Gesprächsverpflichtung zurück. „Wir wollten anhand konkreter betrieblicher Beispiele zeigen, wie es trotz widriger Rahmenbedingungen gelingen kann, Transformation im Schulterschluss aller Beteiligter erfolgreich zu gestalten“, so Resch und Barta: „Wenn die Teilnehmenden des Zukunftstags hierzu Ideen und auch den nötigen Rückenwind mitnehmen können, wie sie die Zukunftsgestaltung in ihren Betrieben angehen wollen, dann haben wir ein wichtiges Ziel erreicht. Uns ist aber bewusst, dass die Probleme drängen und weitere gemeinsame Kraftanstrengungen nötig sein werden. Wir haben unsere Verantwortung als Sozialpartner aber schon einmal in der letzten M+E Tarifrunde ernstgenommen und zeigen erneut, was trotz Interessengegensätzen möglich ist, wenn man ein gemeinsames Ziel verfolgt – dort, wo wir vor Ort gestalten können.“
Mit Blick auf die schwierigen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland ergänzte Krause: „Nun ist aber auch die Politik in Land und Bund gefordert mit uns an konkreten Unterstützungslösungen zu arbeiten, die unsere Industrie dringend benötigt.“ Mit dem Land sei man schon in Gespräche zu einer gemeinsamen industriepolitischen Initiative eingestiegen, so Resch und Krause: „Wir sind hier auf einem guten Weg einen Zukunftspakt mit der Landespolitik zu vereinbaren, und für vieles, was wir dort bereden, haben wir auch schon einen tarifpolitischen Rahmen geschaffen.“
Einen Impuls zum Thema „Gemeinsam die Herausforderungen angehen und sich dem Strukturwandel stellen!“ setzte auf dem Zukunftstag Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg: „Der heutige ‚Zukunftstag M+E‘ ist weit mehr als eine Veranstaltung – er ist ein sichtbares Zeichen für eine gelebte und verantwortungsvolle Sozialpartnerschaft in Zeiten tiefgreifenden strukturellen Wandels. Gerade in einer Phase, in der sich Arbeitswelt, Technologien und gesellschaftliche Erwartungen rasant verändern, zeigt sich hier, wie wichtig ein konstruktiver Dialog und gemeinsame Lösungsansätze sind. Die präsentierten Praxisbeispiele verdeutlichen eindrucksvoll: Zukunftsorientierung bedeutet nicht nur, Herausforderungen anzunehmen, sondern auch, mit Zuversicht und Innovationskraft konkrete Wege in eine erfolgreiche und faire Arbeitswelt von morgen zu gestalten.“